Leben und Leben lassen

Vegan ist ein Begriff, in den Medien angekommen und immer wieder emotional und kontrovers diskutiert. Als „Veganer“ – obwohl es meiner Einschätzung nach keinen „ah, Veganer“ gibt – polarisiere ich immer.

An jedem Tisch an dem ich sitze fällt irgendwann die Diskussion auf mein Essverhalten. Gerne teile ich meine Gedanken, stelle jedoch auch fest, dass es manchmal in eine Rechtfertigung gerät. Klar – einige Facts rund um Tierleid, Massenproduktion, Welthunger, Umwelt und Ressourcenknappheit kennen viele. Einige kennen sogar die Zahlen, dass wir ca. 90% der weltweiten Sojaernte und rund 50% der Getreideernte an Nutztiere verfüttern. Dass wir um 1 Kg Fleisch zu erzeugen rund 22 Kg Getreide verfüttern und um die 20’000 Liter Wasser benötigen. Dass darüber hinaus rund 1 Mrd. Menschen nicht genug zu essen haben und an Hunger leiden und dass jede Sekunde ein Mensch an Hunger stirbt. Folgende Sätze fallen mir dann manchmal in diesen Diskussionen auf: „ja, das ist alles schlimm – aber ganz verzichten möchte ich halt nicht“ oder  „da kann ich auch nicht dahinter stehen, darum esse ich nur Bio-Fleisch“ oder „ja, dies ist Deine Meinung und ich habe eine andere. Ich sage halt immer Leben und Leben lassen“. Gut ich versuche offen, flexibel und nicht zu streng mit mir und den Anderen zu sein. Möchte nicht belehren und auch niemanden meinen Lebensstil aufdrängen. Über die ersten beiden Sätze schaue ich hinweg – auch wenn mit einer grossen Irritation bezüglich der kognitiven Dissonanz dieser Aussagen. Beim letzten mit dem „Leben und Leben lassen“ da habe ich wirklich meine Mühe. Da trifft Ethik auf Moral. Klar Leben und Leben lassen ist einer meiner persönlichen Leitgedanken – eine ethische Richtlinie. Setze ich diese für mich um, heisst dies für mich eben auch Leben von Tieren zu schützen. Also Tiere eben auch Leben zu lassen – dies setzt voraus, dass ich sie nicht esse und keine ihrer „Produkte“ verwende. Das ist meine Vorstellung von „Leben und Leben lassen“.